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Johann Christian Günther


Als er 1719, den 25. September, wieder nach Schweidnitz kam

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Du ehmals liebster Ort der treuen Leonore,
Wie zärtlich rührt mich nicht der Anblick deiner Tore,
Wodurch ich damals oft an ihrer Hand spaziert!
Dort merk ich schon den Raum, worauf wir uns versprochen,
Dort blickt der Altan vor, auf dem wir sechzig Wochen
Die Wächter hinters Licht geführt.

Seid tausendmal gegrüßt, ihr Felder, Sträuch' und Bäume;
Ihr kennt wohl diesen noch, von dem ihr so viel Reime,
So manches Lied gehört, so manchen Kuß gesehn;
Besinnt euch auf die Lust der heitern Sommernächte!
Was meint ihr, wenn mein Wunsch nur eine wiederbrächte?
Das wird wohl nimmermehr geschehn.

Wo find ich aber nun mein Allerliebstes wieder?
Verrät mir gar kein Gras das Lager ihrer Glieder?
Ich spüre keinen Schritt, die Sommerstub' ist leer.
Wie traurig scheinst du mir, du nicht mehr schöner Garten!
Du hast ja zween gehabt, was soll ich einsam warten?
Ach, stell auch beide wieder her!

Du schickst mich in die Stadt; die treff ich desto schlimmer:
Der Wirt, das Volk ist neu, ein Gast entweiht das Zimmer,
Worein sonst nichts als wir und unsre Liebe kam.
Mein Gott, wie ändert sich so viel in wenig Jahren!
Was wird nicht noch geschehn? O sollt' ich dies erfahren!
Wie war mir, daß ich Abschied nahm!

Ich geh den Tempel aus, ich suche durch die Gassen,
Ich such auch, wo sie sich wohl niemals finden lassen,
Ich ruf ihr um den Wall, der Wall hat schlecht Gehör.
Steig, Schweidnitz, steig und sei ein Phönix in den Flammen,
Bau Marmor, Erz und Gold und Schloß und Turm zusammen,
Mir bist du doch nicht Schweidnitz mehr.

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